Technik

Atemi
Die Bedeutung der Körperpunkte (Körpertreffer)
Kyusho
Die negative Stimulation gegnerischer Vitalpunkte
Vitalpunkte
einige Vitalpunkte und deren Bedeutung
Hebeltechniken
Die Verwendung von Hebeltechniken hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen
Tori-Te-Waza
Ein Aspekt des Karate, dem heute bei weitem nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wird

Tori-Te-Waza

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Greiftechniken sind ein Aspekt des Karate, dem heute bei weitem nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die meisten Karateka beschäftigen sich kaum noch mit diesem Bereich. Nicht zuletzt, da das Greifen im sportlichen Wettkampf nur stark eingeschränkt erlaubt ist, konzentrieren sich viele eher auf Schläge und Tritte.

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Dabei sind Griffe von der Grundmotorik her der vielleicht einfachste Technikkomplex im Karate. Der Greifreflex ist bei Säuglingen bereits ausgesprochen früh entwickelt und wir gehen mit unseren Händen bis zu unserem Lebensende wohl kaum einer Tätigkeit häufiger nach.
Egal ob beim morgendlichen Zähneputzen, beim Schreiben mit dem Bleistift, oder beim Autofahren, der Vorgang des Fassens ist immer in irgendeiner Weise enthalten. Demnach sind unsere Hände - wie kaum ein anderer Teil unseres Körpers - auch koordiniert und sensibilisiert.

Die Techniken der „greifenden Hände“ (Torite, oft auch Tuite, Tuidi im okinawanischen Hogan-Dialekt) waren früher fester Bestandteil des Kampfstil eines jeden Karatemeisters.

Bis heute sind Itosu Anko (1832-1916) und Chojun Miyagi (1888-1953) auf Okinawa für ihre überaus starken Griffe bekannt.
Greiftechniken gehörten seit jeher zu den geheimen, fortgeschrittenen Kampfkonzepten und sind noch heute in den Bunkai der meisten Kata vorhanden. Dies lässt erkennen, dass der Begriff ‚Torite’ weit mehr umfasst, als den Gegner einfach irgendwie zu greifen.

Ein Großteil der Greiftechniken geht auf die Kranich-Stile zurück

In der Geschichte der Kampfkünste haben Greiftechniken eine lange Tradition. Lange bevor die Kampfkunst Gongfu in China entstand, wurde das Qin Na (oft auch Chin Na, Greifen und Halten) dort bereits als eine effektive Methode der Selbstverteidigung verwendet. Ein Großteil der Greiftechniken des Karate geht auf die He Quan (Kranich)-Stile aus dem chinesischen Fujian (auch Fukien) zurück.
Zu diesen gehörte der Stil des:

  • "Springenden Kranichs" (chin. Zonghe Quan),
  • "Fliegenden Kranichs" (chin. Feihe Quan),
  • "Fressenden Kranichs" (chin. Shihe Quan),
  • "Schreienden Kranichs" (chin. Minghe Quan)
  • "Schlafenden Kranichs" (chin. Suhe Quan)

Eine weitere Einflussquelle war der Kampfstil der Mönchsfaust (chin. Luohan Quan).
Alle diese sechs Stile wurden seinerzeit in Fujian geübt und lassen sich im Bubishi wiederfinden.Von verschiedenen okinawanischen Meistern wurden sie dann zusammen mit dem Bubishi nach Okinawa gebracht. So haben sich Meister wie Higaonna Kanryo (1853-1916), Sokon Matsumura (1792-1896), Sakugawa Shungo (1733-1815) oder eben Chojun Miyagi nachweislich länger in Fujian aufgehalten und dort die Kampfkünste studiert.
Die bekannteste (und zugleich verkannteste) Greiftechnik ist für die meisten Karateka zweifellos ‚Hikite’, die zurückziehende Hand bei den meisten Kihontechniken. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Definition Funakoshis in seinem Buch ‚Rentan Goshin Karate Jutsu’ von 1925:

„Hikite bedeutet, den angreifenden Schlag des Gegners zu fassen, ihn über seine Reichweite hinaus zu ziehen und gleichzeitig zu drehen, um den Angreifer aus der Balance zu bringen und zu werfen“

Hikite wird also nach Funakoshis Auffassung nicht zur Hüfte gezogen, um die gegenläufige Technik zu verstärken, sondern um den Gegner zu greifen und zu kontrollieren.
Weiterhin kann beim Griff zum Arm direkt Druck auf die diversen Vitalpunkte ausgeübt werden.

Der Gegner wird kontrolliert und beruhigt

Griffe eignen sich hervorragend zur Stimulation der vitalen Punkte und werden wohl genau deshalb mit Vorliebe von Polizei- und Sicherheitseinheiten eingesetzt. Durch gezielten Druck auf bestimmte Körperstellen ist es möglich, eine Auseinandersetzung schnell und mit geringer Gewaltanwendung zu beenden. Der Gegner wird kontrolliert und beruhigt. Auch zur Befreiung aus gegnerischen Haltegriffen sind Griffe zu den Vitalpunkten bestens geeignet.
Außerdem können bei Griffen im Vergleich zu Schlägen oder Stößen Ungenauigkeiten beim Treffen wesentlich einfacher korrigiert werden.

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Bild 1
Tora-Te, "Die Tigerpranke"

Obwohl sich Hikite auch hervorragend für die mittlere Distanz eignet, liegt die wahre Stärke von Greiftechniken in der Nahdistanz.
Eng am Gegner haben wir eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Man kann durch Griffe Muskeln trennen, den Blutkreislauf unterbrechen oder die Luft abschnüren.

Derartige Griffe gehören zu den fortgeschrittenen Techniken des Karate und bedürfen eines langjährigen Trainings. Sie sollten unter der Aufsicht eines erfahrenen Lehrers und mit äußerster Umsicht geübt werden, da hier durchaus schwerwiegende Verletzungen möglich sind.
Griffe sind auch ein grundlegende Bedingung für die meisten Hebel und Würfe. Es ist nur in Ausnahmefällen möglich, den Gegner zu Hebeln, oder gar zu Werfen, ohne zuvor die Kontrolle durch eine Griff gewährleistet zu haben.

kokokenhand

Bild 2
Kokoken, "Das Tigermaul"

Tora-Te, die Tigerpranke (Bild 1), und Kokoken, das Tigermaul (Bild 2) sind klassische Ausgangspositionen für alle Arten von Griffen. Aber auch die meisten anderen Techniken der offenen Hand sind geeignet, um in eine Greiftechnik abgewandelt zu werden. Wie erwähnt, sind viele Greiftechniken auch heute noch in der Bunkai der meisten Kata vorhanden. Bassai Dai, Unsu, Kanku-Shô oder Empi zeigen hier hervorstechende Beispiele.
Besonders wichtig ist für uns Karateka mit Sicherheit der Übergang vom Schlag oder Stoß zum Griff, sowie die Nutzung eines Griffs für einen folgenden Schlag oder Stoß. Im Vergleich zu den Judoka ist der Wechsel von einem Griff zum anderen für uns wohl eher von untergeordneter Bedeutung.
Deshalb sind Übungen, wie ein Schlag und ein sofortiger Griff zum Schlagziel oder das Lösen eines Griffs und sofortiges Schlagen zur Griffstelle ausgesprochen gut geeignet.

Die vielleicht wichtigste Voraussetzung für eine effektive Greiftechnik ist zweifellos eine gut ausgebildete Hand- und Unterarmmuskulatur. Die okinawanischen Meister haben genau aus diesem Grund bereits früh spezielle Übungsgeräte entwickelt:

  • Chishi (oder auch Chikara Ishi) ist ein Holzstab mit einem Steingewicht an einem Ende;
  • Nigiri Game sind zwei, mit Sand gefüllte Krüge, die mit den Fingerspitzen gehoben werden;
  • Sashi Ashi ist ein Gewicht, das auf einer handgedrehten Rolle aufgewickelt wird.

Man sollte sich durch den unscheinbaren Eindruck dieser Geräte nicht abschrecken lassen. Sie haben im Karate eine lange Tradition und erfüllen ihre Funktion auch im Zeitalter der großen Fitnessmaschinen noch hervorragend. Zum Umgang mit diesen Geräten sei hier wärmstens das Video „Power Training“ von Higaonna Morio (9. Dan, Hanshi) empfohlen.

Schlussendlich muss ein jeder selbst entscheiden, ob er Griffe in seinem Kampfstil aufnimmt. Aber auch, wenn man selbst nicht aktiv mit Griffen kämpfen möchte, kann ich eine gewisse Grundkenntnis um Greiftechniken in jedem Fall empfehlen. Denn wenn man einmal gegriffen wird, ist es überaus hilfreich mit Griffen vertraut zu sein, um geeignete Gegenmaßnahmen wählen zu können.

„Wenn du dich und deinen Gegner kennst, dann siegst du in zehn von zehn Kämpfen“ wusste Sunzi bereits vor über zweieinhalbtausend Jahren.

(c) Matthias Golinski

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